Alle Beiträge von Julian Groeger

Ukraine-direkt-Update, 3.12.2023

“Winter-Wärme” in Czernowitz:

Jetzt im Winter 23/24 ist der Krieg leider immer noch nicht vorbei. In der Ukraine müssen die Menschen den zweiten Winter in Folge unter den Aggressionen des Kreml leiden. Die Not in Moldova ist dagegen so gering, dass wir uns entschieden haben, ab jetzt nur noch direkt in der Ukraine zu helfen. Die UkrainerInnen tragen keine Schuld und müssen doch die Last dieser Aggression tragen. Es beginnt die kalte und dunkle Jahreszeit, die mit Stromausfällen und Luftalarm noch dunkler und kälter ist. Wir möchten dieser Kälte etwas entgegenhalten.

Bereits 2022 wurde uns bewusst, wie wichtig der persönliche Kontakt zwischen SpenderInnen aus Deutschland und Geholfenen aus Moldova/ der Ukraine war. Das soll auch in Zukunft unser Hauptaugenmerk sein. In Deutschland wollen wir das Mitgefühl stärken und das Interesse an der Ukraine hochhalten. Was die UkrainerInnen in dieser Zeit brauchen, ist das sichere Gefühl, nicht vergessen zu werden und sich als Teil einer europäischen Solidargemeinschaft zu fühlen. Die europäischen Staaten müssen leider weiter Waffen und Geld für Waffen geben. Wir in der Zivilgesellschaft sollten persönliche Kontakte ausbauen und Geschichten und Perspektiven teilen.

Wir können in Deutschland auch viel von den UkrainerInnen lernen: Wie fühlt sich Krieg im Privaten an? Was ist wirklich wichtig im Leben? Krieg ist in vielerlei Hinsicht eine intensive Situation. Egal, mit wem man in der Ukraine spricht – es bietet sich einem die Gelegenheit für einen Perspektivwechsel aufs eigene Leben. Man wird dazu provoziert, eigene Prioritäten zu hinterfragen und ggf. so auch zu mehr Lebensqualität zu kommen.

Wie wollen wir helfen?

Wir möchten für die fünf Monate Dezember 2023 – April 2024 ausgesuchten Familien in der Ukraine, vor allem in Czernowitz, wo es viele Binnenflüchtlinge gibt, helfen und ihre Energiekosten zu übernehmen. Wir bieten an, dass SpenderInnen aus Deutschland und ukrainische Familien in einen Austausch kommen und so einen Wärmestrom für die kalte Jahreszeit herstellen. 100-200 € pro Monat sind in etwa die Mehrkosten, die eine ukrainische Familie im Vergleich zu einem Sommermonat zu stemmen hat. Für diese Summen suchen wir SpenderInnen aus Deutschland. Je nachdem, wie viel Spenden wir bekommen, werden wir ukrainische Familien aussuchen und kontaktieren und ihnen monatlich Geld zukommen lassen.

Die ukrainischen Familien wiederum willigen ein, Kontakt in schriftlicher Form und oder Video-Treffen zu den Spendenden aus Deutschland aufzunehmen und Geschichten aus dem veränderten Alltag zu teilen. Bei Interesse können Sie eine spenden an:

Active Commons e.V.
IBAN: DE71430609671123441900
GLS Bank
Zweck: Ukraine-Hilfe Winter-Wärme

Wer zudem Kontakt aufnehmen möchte um anschließend auch mit den ukrainischen Familien in Kontakt zu treten, schreibe eine Email an:

Wir werden fortwährend über die Familien informieren, die wir mit ihrem Geld unterstützen. Im nächsten Jahr wollen wir dann Treffen über Zoom organisieren.

Herzlichen Dank!
Julian Gröger
Active Commons e.V.

Julian war Anfang Dezember zu Besuch in Czernowitz und hat Bilder mitgebracht:

Bild 1: Olha (links, hier mit ihrem Sohn und Julian) kommt aus der Region Zaporizhia. Ihre Kleinstadt ist derzeit von Russen besetzt. Sie ist seit über einem Jahr in Czernowitz. Olha koordiniert die Winterhilfe
Bild 2: Vika kommt aus der Stadt Cherson. Mit ihrem Sohn ist sie nach Czernowitz geflüchtet, um ihm eine einigermaßen normale Kindheit zu ermöglichen. Vika ist Freiwillige in der Flüchtlingshilfe und organisiert wöchentliche Proteste für mehr Unterstützung des Militärs in Czernowitz.
Bild 3: Es war ein sehr nasskaltes Wochenende in Czernowitz (hier im Shevchenko-Park). Wir wünschen uns mit dieser Hilfe für einige Menschen etwas Licht am Ende eines Tunnels zu sein.
Bild 4: Uniformen sind im Straßenbild allgegenwärtig. Ein Mal gab es auch Luftalarm, aber Raketeneinschläge gab es bis jetzt zum Glück in Czernowitz noch nicht. Der Krieg ist omnipräsent und doch sind Cafés und Restaurants voll und die Stimmung gut.
Bild 5: Oxana Matiychuk arbeitet an der Czernowitzer Uni und schreibt in der Süddeutschen Zeitung das “Ukrainische Tagebuch”: Sie hilft bei der Vermittlung von Familien und wird im nächsten Jahr mit ihren Germanistik-Studierenden bei Übersetzungen helfen.
Bild 6: Mykola Kushnir ist der Leiter des Museum zur Geschichte der Czernowitzer Juden. Auch er wird helfen, passende Familien für die Unterstützung zu identifizieren.
Bild 7: vorm Czernowitzer Rathaus: Vika und ein paar Freunde fordern von der Czernowitzer Regionalverwaltung ein Stopp von Investitionen in die städtische Infrastruktur und stattdessen alles Geld dem Militär. “Sonst werden die Russen bald auch vor dieser Stadt stehen!” Es ist Sinnbild einer gelebten, aktiven Demokratie.

Weiterhin unterstützen wir wie seit Anfang 2023 auch Sergey Bezborodko:

In Cernihiv (nördlich der Hauptstadt Kyjiw) haben wir Freunde, die ihre Mitbürger mit Fahrrädern bei der Mobilität unterstützen. Eko-Misto hilft so dabei, wenn öffentliche Verkehrsmittel aufgrund der russischen Angriffe mal wieder nicht funktionieren und bringt der Stadt gleichzeitig Lebensfreude und Modernität. Sergej und sein Team benötigen Unterstützung, um Fahrräder zu reparieren und noch mehr Fahrräder unter die Leute zu bringen.

Direkte Spenden an EkoMisto leiten wir gern weiter:

Active Commons e.V.
IBAN: DE71430609671123441900
GLS Gemeinschaftsbank eG

Im Verwendungszweck bitte Projekt angeben, „Ukraine-Hilfe EkoMisto Cernihiv“

Update von Julian am 24. Oktober 2022

Liebe Unterstützer der aus der Ukraine Geflüchteten in Moldova,

Die russischen Aggressionen im Nachbarland sind natürlich immer noch Top-Thema in Moldova, aber so langsam hat man sich an die neue Situation gewöhnt. Es ist seit Sommer so etwas wie Alltag damit eingekehrt. Es kommen jeden Tag noch neue Geflüchtete an, die den Kreml-Terror nicht mehr aushalten. Militärisch scheint die ukrainische Armee zusammen mit westlichen Waffen die Russen stoppen zu können. Der Kreml hat jetzt wohl entschieden, den Ukrainern dann also das Leben in der Ukraine möglichst schwer zu machen, indem sie die Energie- und Transport-Infrastruktur zerstören. Ein Wahnsinn!

Nachdem wir zu Höchstzeiten Mitte April mal ca. 250.000 Gäste im Land hatten (auf knapp 3 Mio. Moldauer), schwankt die Zahl jetzt zwischen 60.000 und 100.000. In unseren 7 Dörfern sind es noch ca. 150 Leute aus der Ukraine. Wir haben 24 Häuser mit Eurer Hilfe renoviert, von denen 20 bereits bezugsfertig sind und auch schon UkrainerInnen drin wohnen. Die übrigen 4 Häuser werden in den nächsten Wochen fertig. Die anderen Gäste sind immer noch in ihren Gastfamilien. Bei diesen Fällen gibt es aber meistens verwandtschaftliche Beziehungen. Außerdem unterstützen wir noch ein paar Ukrainer, die in Chisinau leben. „Unsere“ Gastfamilien und auch die UkrainerInnen in unseren Häusern versuchen wir weiterhin finanziell und materiell zu unterstützen, um Ihnen das Leben etwas zu erleichtern.

Mittlerweile sind die Nächte schon kalt und es gibt auch hier eine Energiekrise. Der Gaspreis hat sich verdreifacht (und wird wahrscheinlich nochmal steigen) und Holz gibt es auf dem regulären Markt kaum mehr. Wir sind in einem Land mit extrem wenig Wald (10% der Fläche). Die Gefahr ist, dass diese kleinen moldauischen Waldflächen Opfer der russischen Aggressionen werden, wenn die Moldauer illegal Bäume schlagen, um nicht zu frieren. Wir haben kurzerhand für unsere Häuser entschieden, die etwas teureren Torf-Brickets zu kaufen. Für unsere Gäste in den Dörfern Hirtop (5 Häuser), Volintiri (10 Häuser, 5 Gastfamilien) und Floreni (2 Häuser, 3 Gastfamilien) haben wir für 6.500€ Brickets gekauft, die für den ganzen Winter hoffentlich reichen. In Floreni wollen wir in Sonderfällen auch moldauische Familien unterstützen, um den sozialen Frieden im Dorf zu unterstützen. Diese Entscheidungen treffen lokal unsere DorfkoordinatorInnen. Im nächsten Frühling wollen wir dann nochmal in die Energieeffizienz der Häuser investieren.

Es gibt also weiterhin Bedarfe, für die wir Spenden benötigen. Wir werden euch im November auch wieder einladen, ein paar unserer Gäste und Gastgeber direkt in Online-Gesprächen über zoom kennenzulernen. Dafür werde ich noch ein paar Termine festlegen und verschicken. Direkte Patenschaften waren schwierig zu organisieren. Ihr könnt einfach kommen, wie es euch passt und wenn ihr Interesse habt, ein paar Geschichten aus erster Hand zu erfahren. Wir sehen es auch als unsere Nebenaufgabe an, die Aufmerksamkeit und Empathie im Westen für den Krieg im Osten hoch zu halten.

Wer also noch spenden kann und möchte, hier findet ihr die IBAN unter Spenden: Wir sind mittlerweile bei Einnahmen über Spenden und Projektgelder von 200.000 € und Ausgaben von 180.000 €.

Gern diese Email dafür auch an andere weiterleiten. Im Januar stellen wir auch gern Spendenbescheinigungen aus. Für alle, die eine solche wünschen, ihre Adresse aber nicht in den Verwendungszweck geschrieben haben – bitte einfach die Adresse mir per Email schreiben: 

Außerdem wird es Anfang November nochmal eine Sammelaktion für Möbel, Fahrräder und Hausstand in Wedel beim Hamburg geben. Wer dazu mehr wissen möchte, sollte mich ebenfalls anschreiben. Wir wollen damit vor allem die noch ziemlich spärlich eingerichteten, renovierten Häuser ausstatten. Einen Second-Hand-Markt gibt’s hier leider nicht.

Und dann noch: Ich organisiere seit einigen Jahren Walnusskerne und andere Leckereien aus Moldova nach Deutschland. Wer dazu mehr wissen möchte, kann hier etwas nachlesen:
https://eco-village-walnuts.org
und hier vorbestellen:
https://forms.gle/sgHRxkA4c5KToQ4bA

So, das waren wieder viele Infos auf einem Mal. Ich hoffe, es war trotzdem überschaubar und verdaulich.
Wir freuen uns sehr über euren Zuspruch, die Unterstützung und auch das Zusammenrücken zwischen West und Ost in diesen schwierigen Zeiten. Unser Projekt wird öfters im moldauischen Fernsehen portraitiert. Dort werdet ihr immer „unsere Freunde aus Deutschland“ genannt. Letzte Woche hatte ich 5 unserer DorfkoordinatorInnen bei mir zu Besuch. Die Stimmung war gut und wir sind zuversichtlich, auch diesen Winter (mit eurer Hilfe) gut meistern zu können.

Mit einem lieben Gruß aus Chisinau,
Julian 

Update von Julian am 5. Mai 2022

Die Lage hat sich nach dem ersten turbulenten Kriegsmonat auch in Moldova etwas entspannt. Es kommen so viele Flüchtlinge nach Moldova, wie sie in der gleichen Zahl das Land auch wieder verlassen. Odessa wird zwar fast täglich beschossen, aber Putins Truppen sind noch recht weit entfernt.

Nach sehr viel Fluktuation haben wir nun Gäste aus der Ukraine, die sich auf einen Sommer in Moldova einrichten. Der Mai und der Juni werden die Hauptmonate, in denen wir die Häuser reparieren: Ausbessern, Putzen, Dämmen, Wasserleitungen, Elektrizität, teilweise noch ein Badezimmer anbauen. Insgesamt haben wir derzeit 18 Baustellen in den 6 Dörfern.

Sehr hilfreich waren die Möbeltransporte die wir Anfang April aus Wedel, Stuttgart und Eberswalde bekommen haben. Es ist schön, diese Betten, Stühle und Schränke nun in den Häusern zu sehen und die Leute, die diese Geschenke sehr gern annehmen. Die Schauspielerin Katja Riemann hat uns Ende April als UNICEF Botschafterin besucht – und auch das Möbellager in Riscova.

Ich hätte einen ganzen Sack voller Geschichten – die Paten werden in den nächsten Wochen einen Teil davon mitbekommen. Täglich bin ich gerührt von den Schicksalen und von der Hilfsbereitschaft hier. Ganz langsam übernehmen auch die internationalen Organisationen wie UNHCR, World Food Programme oder das Rote Kreuz. Viele dieser Akteure wollen mit mir sprechen und geben mir das Feedback, dass wir ziemlich richtig lagen mit unserem Konzept aus der ersten Kriegswoche, moldauische Gastfamilien und verlassene Häuser im ländlichen Raum zu unterstützen. Ihre Erfahrungen aus dem Sudan helfen ihnen in Moldova nur bedingt. 

Neben den Baustellen werden die Aufgaben nun aber komplexer: Nachdem es am Anfang „nur“ darum ging, ein Dach, eine Matratze und Essen zu besorgen, geht es jetzt um Kinderbetreuung, Traumatherapien, Arbeitsplätzen, Beschäftigung, Ferienprogramm etc. Auch das werden wir mit unseren Dorfkoordinatorinnen, unseren Partnern und Spendern stämmen. Die ersten Community-Events für die Begegnungen zwischen Moldauern und Ukrainern haben wir veranstaltet.