Archiv der Kategorie: Ukraine-Hilfe

Update von Julian am 24. Oktober 2022

Liebe Unterstützer der aus der Ukraine Geflüchteten in Moldova,

Die russischen Aggressionen im Nachbarland sind natürlich immer noch Top-Thema in Moldova, aber so langsam hat man sich an die neue Situation gewöhnt. Es ist seit Sommer so etwas wie Alltag damit eingekehrt. Es kommen jeden Tag noch neue Geflüchtete an, die den Kreml-Terror nicht mehr aushalten. Militärisch scheint die ukrainische Armee zusammen mit westlichen Waffen die Russen stoppen zu können. Der Kreml hat jetzt wohl entschieden, den Ukrainern dann also das Leben in der Ukraine möglichst schwer zu machen, indem sie die Energie- und Transport-Infrastruktur zerstören. Ein Wahnsinn!

Nachdem wir zu Höchstzeiten Mitte April mal ca. 250.000 Gäste im Land hatten (auf knapp 3 Mio. Moldauer), schwankt die Zahl jetzt zwischen 60.000 und 100.000. In unseren 7 Dörfern sind es noch ca. 150 Leute aus der Ukraine. Wir haben 24 Häuser mit Eurer Hilfe renoviert, von denen 20 bereits bezugsfertig sind und auch schon UkrainerInnen drin wohnen. Die übrigen 4 Häuser werden in den nächsten Wochen fertig. Die anderen Gäste sind immer noch in ihren Gastfamilien. Bei diesen Fällen gibt es aber meistens verwandtschaftliche Beziehungen. Außerdem unterstützen wir noch ein paar Ukrainer, die in Chisinau leben. „Unsere“ Gastfamilien und auch die UkrainerInnen in unseren Häusern versuchen wir weiterhin finanziell und materiell zu unterstützen, um Ihnen das Leben etwas zu erleichtern.

Mittlerweile sind die Nächte schon kalt und es gibt auch hier eine Energiekrise. Der Gaspreis hat sich verdreifacht (und wird wahrscheinlich nochmal steigen) und Holz gibt es auf dem regulären Markt kaum mehr. Wir sind in einem Land mit extrem wenig Wald (10% der Fläche). Die Gefahr ist, dass diese kleinen moldauischen Waldflächen Opfer der russischen Aggressionen werden, wenn die Moldauer illegal Bäume schlagen, um nicht zu frieren. Wir haben kurzerhand für unsere Häuser entschieden, die etwas teureren Torf-Brickets zu kaufen. Für unsere Gäste in den Dörfern Hirtop (5 Häuser), Volintiri (10 Häuser, 5 Gastfamilien) und Floreni (2 Häuser, 3 Gastfamilien) haben wir für 6.500€ Brickets gekauft, die für den ganzen Winter hoffentlich reichen. In Floreni wollen wir in Sonderfällen auch moldauische Familien unterstützen, um den sozialen Frieden im Dorf zu unterstützen. Diese Entscheidungen treffen lokal unsere DorfkoordinatorInnen. Im nächsten Frühling wollen wir dann nochmal in die Energieeffizienz der Häuser investieren.

Es gibt also weiterhin Bedarfe, für die wir Spenden benötigen. Wir werden euch im November auch wieder einladen, ein paar unserer Gäste und Gastgeber direkt in Online-Gesprächen über zoom kennenzulernen. Dafür werde ich noch ein paar Termine festlegen und verschicken. Direkte Patenschaften waren schwierig zu organisieren. Ihr könnt einfach kommen, wie es euch passt und wenn ihr Interesse habt, ein paar Geschichten aus erster Hand zu erfahren. Wir sehen es auch als unsere Nebenaufgabe an, die Aufmerksamkeit und Empathie im Westen für den Krieg im Osten hoch zu halten.

Wer also noch spenden kann und möchte, hier findet ihr die IBAN unter Spenden: Wir sind mittlerweile bei Einnahmen über Spenden und Projektgelder von 200.000 € und Ausgaben von 180.000 €.

Gern diese Email dafür auch an andere weiterleiten. Im Januar stellen wir auch gern Spendenbescheinigungen aus. Für alle, die eine solche wünschen, ihre Adresse aber nicht in den Verwendungszweck geschrieben haben – bitte einfach die Adresse mir per Email schreiben: julian.groeger@posteo.de

Außerdem wird es Anfang November nochmal eine Sammelaktion für Möbel, Fahrräder und Hausstand in Wedel beim Hamburg geben. Wer dazu mehr wissen möchte, sollte mich ebenfalls anschreiben. Wir wollen damit vor allem die noch ziemlich spärlich eingerichteten, renovierten Häuser ausstatten. Einen Second-Hand-Markt gibt’s hier leider nicht.

Und dann noch: Ich organisiere seit einigen Jahren Walnusskerne und andere Leckereien aus Moldova nach Deutschland. Wer dazu mehr wissen möchte, kann hier etwas nachlesen:
https://eco-village-walnuts.org
und hier vorbestellen:
https://forms.gle/sgHRxkA4c5KToQ4bA

So, das waren wieder viele Infos auf einem Mal. Ich hoffe, es war trotzdem überschaubar und verdaulich.
Wir freuen uns sehr über euren Zuspruch, die Unterstützung und auch das Zusammenrücken zwischen West und Ost in diesen schwierigen Zeiten. Unser Projekt wird öfters im moldauischen Fernsehen portraitiert. Dort werdet ihr immer „unsere Freunde aus Deutschland“ genannt. Letzte Woche hatte ich 5 unserer DorfkoordinatorInnen bei mir zu Besuch. Die Stimmung war gut und wir sind zuversichtlich, auch diesen Winter (mit eurer Hilfe) gut meistern zu können.

Mit einem lieben Gruß aus Chisinau,
Julian 

Update von Julian am 5. Mai 2022

Die Lage hat sich nach dem ersten turbulenten Kriegsmonat auch in Moldova etwas entspannt. Es kommen so viele Flüchtlinge nach Moldova, wie sie in der gleichen Zahl das Land auch wieder verlassen. Odessa wird zwar fast täglich beschossen, aber Putins Truppen sind noch recht weit entfernt.

Nach sehr viel Fluktuation haben wir nun Gäste aus der Ukraine, die sich auf einen Sommer in Moldova einrichten. Der Mai und der Juni werden die Hauptmonate, in denen wir die Häuser reparieren: Ausbessern, Putzen, Dämmen, Wasserleitungen, Elektrizität, teilweise noch ein Badezimmer anbauen. Insgesamt haben wir derzeit 18 Baustellen in den 6 Dörfern.

Sehr hilfreich waren die Möbeltransporte die wir Anfang April aus Wedel, Stuttgart und Eberswalde bekommen haben. Es ist schön, diese Betten, Stühle und Schränke nun in den Häusern zu sehen und die Leute, die diese Geschenke sehr gern annehmen. Die Schauspielerin Katja Riemann hat uns Ende April als UNICEF Botschafterin besucht – und auch das Möbellager in Riscova.

Ich hätte einen ganzen Sack voller Geschichten – die Paten werden in den nächsten Wochen einen Teil davon mitbekommen. Täglich bin ich gerührt von den Schicksalen und von der Hilfsbereitschaft hier. Ganz langsam übernehmen auch die internationalen Organisationen wie UNHCR, World Food Programme oder das Rote Kreuz. Viele dieser Akteure wollen mit mir sprechen und geben mir das Feedback, dass wir ziemlich richtig lagen mit unserem Konzept aus der ersten Kriegswoche, moldauische Gastfamilien und verlassene Häuser im ländlichen Raum zu unterstützen. Ihre Erfahrungen aus dem Sudan helfen ihnen in Moldova nur bedingt. 

Neben den Baustellen werden die Aufgaben nun aber komplexer: Nachdem es am Anfang „nur“ darum ging, ein Dach, eine Matratze und Essen zu besorgen, geht es jetzt um Kinderbetreuung, Traumatherapien, Arbeitsplätzen, Beschäftigung, Ferienprogramm etc. Auch das werden wir mit unseren Dorfkoordinatorinnen, unseren Partnern und Spendern stämmen. Die ersten Community-Events für die Begegnungen zwischen Moldauern und Ukrainern haben wir veranstaltet.